ZUSAMMEN GEGEN GESPENSTISCHE VORURTEILE
Geiler Sex braucht
keine Drogen!
Ob auf Dating-Plattformen, in der queeren Bar- und Partyszene oder in der schwulen Sauna: Mittlerweile ist jedem schon einmal das Thema Chemsex über den Weg gelaufen. In Profilen taucht neben dem Wort selbst, auch häufig eine gewisse Symbolik auf, wie zum Beispiel das Emoji einer Rakete. Damit gemeint ist der Sex unter Einfluss von Substanzen und ein bestimmtes Phänomen der aktuellen schwulen Kultur. Chemsex meint aber nicht den Konsum dieser Drogen allein, er bezieht sich auf die Art der Suche nach Sex. So zu erkennen durch bereits erwähntes Erkennungszeichen wie das Raketen-Emoji. Hier entstehen häufig ganz eigene sexuelle Netzwerke, zumeist in privaten und nichtkommerziellen Räumen. Oft geht es einfach darum, schwulen Sex zu genießen und Freude daran zu haben. Häufig aber auch um Selbstmedikation für komplexe Themen, die den Genuss schwuler Sexualität verhindern. Dazu gehören gesellschaftliche und verinnerlichte Homofeindlichkeit, die Auswirkungen von HIV/Aids auf schwule Kulturen oder auf Sex bezogene Scham.
Menschen, die Chemsex betreiben, sind nicht immer verlorene, arme Seelen, die gerettet oder bemitleidet werden müssen. Das Wort „Empowerment“ trifft manchmal besser, um was es geht. Mit Hilfe von Chems will man sich befähigen, geilen schwulen Sex ohne Scham zu praktizieren. Chemsex-User*innen können sich unverletzlich fühlen und gleichgültig gegenüber Konsequenzen ihres Handels. Der Konsum kann dazu führen, dass weniger Safer Sex betrieben wird. Außerdem können die Drogen unerwünschterweise Aggressionen, Paranoia, Halluzinationen oder Verfolgungswahn auslösen. Im Vergleich zu anderen Drogen, wirken Chrystal Meth und GBL/GHB schneller und machen leichter abhängig. Deshalb kann es schwierig sein, die Drogen so zu dosieren, dass nur die gewünschte Wirkung eintritt. Außerdem neigt man schneller zu kürzeren Konsumabständen.
In Bezug auf Chemsex bewegen wir uns in einem Spagat zwischen Empowerment und möglichen Risiken. Verständnis für die Beweggründe, statt Stigmatisierung und Häme, ist notwendig, damit wir gerade die erreichen, deren Konsum nicht gelingt. Wer wegen Chemsex Rat sucht, benennt häufig Themen rund um Sex und Beziehungen, Dating-Apps, Angst vor HIV und Stigma, Suche nach Nähe und Gemeinschaft oder andere Eigenheiten der schwulen Kultur, die das Sex- und Liebesleben beeinflussen. Für sie geht es zuerst weniger um ein Drogenproblem, sondern Probleme mit schwulem Sex und Beziehungen. Im Sinne der Selbstbestimmung sollten wir es auch einfach akzeptieren, ob und wie Menschen ihren Sex gestalten. Auch wenn dies unverständlich für manche sein kann.
Was ist beim Konsum hilfreich zu wissen?
• Es macht Sinn mit einer geringen Dosis anzufangen, wenn du Substanzen nicht kennst. Du kannst dich dann in kleinen Schritten steigern.
• Mische möglichst keine Substanzen, da Wechselwirkungen und Überdosierung so leichter auftreten können.
• Teile keine Spritzen oder Röhrchen. Wenn du Zubehör wiederverwenden musst, stelle sicher, dass es dein eigenes ist. Es kann helfen Spritzen farblich zu markieren oder zu beschriften.
• Nimmst du HIV-Medikamente oder die PrEP, stelle auf einem Handy einen Alarm ein, so dass du sie zur richtigen Zeit nehmen kannst. Am besten hast du auch einen ausreichenden Vorrat an Tabletten und/oder Kondomen dabei.
• Auch wenn du keinen Hunger oder Durst hast, versuche regelmäßig ausreichend zu essen und zu trinken.
• Obst, Smoothies und Suppen sind nahrhaft und versorgen mit Energie. Wasser, Tee oder Sportgetränke lassen dich nicht dehydrieren.
• Mache regelmäßig Pausen außerhalb des Sex- und Partysettings und ruhe dich aus. Falls du nicht schlafen kannst, suche dir einen ruhigen, dunklen Ort, um etwas abschalten zu können.
• Allen ist geholfen, wenn ihr aufeinander achtet. Bei Ohnmacht, Übergriffen oder körperlichen Auseinandersetzungen ist es wichtig, selbst zu helfen oder jemanden darüber zu informieren.
• Die Herzenslust Teams beraten dich, wenn du Redebedarf zu Chemsex hast, und bieten Tests auf HIV und STIs an.